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KHM 187 Der Hase und der Igel

Brüder Grimm

Diese Geschichte ist lügenhaft zu erzählen, Kinder, aber wahr ist sie doch, denn mein Großvater, von dem ich sie habe, pflegte immer, wenn er sie mir erzählte, dabei zu sagen: »Wahr muß sie doch sein, mein Sohn, denn sonst könnte man sie ja nicht erzählen!«  Die Geschichte aber hat sich so zugetragen:

Es war an einem Sonntagmorgen in der Herbstzeit, just als der Buchweizen blühte: die Sonne war golden am Himmel aufgegangen, der Morgenwind ging warm über die Stoppeln, die Lerchen sangen in der Luft, die Bienen summten in dem Buchweizen, und die Leute gingen in ihrem Sonntagsstaat in die Kirche, kurz, alle Geschöpfe waren vergnügt und der Swinegel auch.

Der Swinegel aber stand vor seiner Tür, hatte die Arme übereinandergeschlagen, guckte dabei in den Morgenwind hinaus und trällerte ein Liedchen vor sich hin, so gut und so schlecht, als nun eben am lieben Sonntagmorgen ein Swinegel zu singen pflegt.  Indem er nun noch so halbleise vor sich hin sang, fiel ihm auf einmal ein, er könne wohl, während seine Frau die Kinder wüsche und anzöge, ein bißchen im Felde spazieren und zusehen, wie seine Steckrüben standen.  Die Steckrüben waren aber das Nächste bei seinem Hause, und er pflegte mit seiner Familie davon zu essen; deshalb sah er sie als die seinigen an.  Der Swinegel machte die Haustür hinter sich zu und schlug den Weg nach dem Felde ein.  Er war noch nicht sehr weit vom Hause und wollte just um den Schlehenbusch, der da vor dem Felde liegt, nach dem Steckrübenacker hinaufschlendern, als ihm der Hase begegnete, der in ähnlichen Geschäften ausgegangen war, nämlich um seinen Kohl zu besehen.  Als der Swinegel des Hasen ansichtig wurde, bot er ihm einen freundlichen guten Morgen.  Der Hase aber, der nach seiner Weise ein vornehmer Herr war und grausam hochfahrig dazu, antwortete nichts auf des Swinegels Gruß, sondern sagte zum Swinegel, wobei er eine gewaltige höhnische Miene annahm: »Wie kommt es denn, daß du schon bei so frühem Morgen im Felde rumläufst?« — »Ich gehe spazieren«, sagte der Swinegel. — »Spazieren?« lachte der Hase, »mich deucht, du könntest deine Beine auch wohl zu besseren Dingen gebrauchen.«  Diese Antwort verdroß den Swinegel ungeheuer, denn alles kann er vertragen, aber auf seine Beine läßt er nichts kommen, eben weil sie von Natur schief sind.  »Du bildest dir wohl ein«, sagte nun der Swinegel zum Hasen, »daß du mit deinen Beinen mehr ausrichten kannst?« — »Das denk ich«, sagte der Hase. — »Das kommt auf einen Versuch an«, meinte der Swinegel, »ich wette, wenn wir wettlaufen, ich laufe an dir vorbei.« — »Das ist zum Lachen, du mit deinen schiefen Beinen!« sagte der Hase, »aber meinetwegen mag's sein, wenn du so übergroße Lust hast.  Was gilt die Wette?« — »Einen Golddukaten und eine Flasche Schnaps«, sagte der Swinegel. — »Angenommen«, sprach der Hase, »schlag ein, und dann kann's gleich losgehen.« — »Nein, so große Eile hat es nicht«, meinte der Swinegel, »ich bin noch ganz nüchtern; erst will ich nach Hause gehen und ein bißchen frühstücken.  In einer halben Stunde bin ich wieder hier auf dem Platze.«  Darauf ging der Swinegel, denn der Hase war es zufrieden.

Unterwegs dachte der Swinegel bei sich: »Der Hase verläßt sich auf seine langen Beine, aber ich will ihn schon kriegen.  Er ist zwar ein vornehmer Herr, aber doch nur ein dummer Kerl, und bezahlen soll er doch.«  Als nun der Swinegel zu Hause ankam, sagte er zu seiner Frau: »Frau, zieh dich schnell an, du mußt mit mir ins Feld hinaus.«  »Was gibt es denn?« fragte die Frau. — »Ich habe mit dem Hasen um einen Golddukaten und eine Flasche Schnaps gewettet, ich will mit ihm um die Wette laufen, und da sollst du dabei sein.« — »O mein Gott, Mann«, schrie dem Swinegel seine Frau, »bist du nciht klug, hast du denn ganz den Verstand verloren?  Wie kannst du mit dem Hasen um die Wette laufen wollen?« — »Halt's Maul, Weib«, sagte der Swinegel, »das ist meine Sache.  Schwarz nicht in Männergeschäfte.  Marsch, zieh dich an, und dann komm mit.«  Was sollte dem Swinegel seine Frau machen?  Sie mußte wohl folgen, sie mochte wollen oder nicht.

Als sie nun miteinander unterwegs waren, sprach der Swinegel zu seiner Frau: »Nun paß auf, was ich dir sagen werde.  Sieh, auf dem langen Acker dort wollen wir unseren Wettlauf machen.  Der Hase läuft nämlich in der einen Furche und ich in der andern, und von oben fangen wir an zu laufen.  Nun hast du weiter nichts zu tun, als du stellst dich hier unten in die Furche, und wenn der Hase auf der andern Seite ankommt, so rufst du ihm entgegen: Ich bin schon hier!«

Damit waren sie bei dem Acker angelangt, der Swinegel wies seiner Frau ihren Platz an und ging nun den Acker hinauf.  Als er oben ankam, war der Hase schon da.  »Kann es losgehen?« fragte der Hase. — »Jawohl«, erwiderte der Swinegel. — »Dann nur zu!«  Und damit stellte sich jeder in seine Furche.  Der Hase zählte: »Eins, zwei, drei!« und los ging er wie ein Sturmwind den Acker hinunter.  Der Swinegel aber lief nur ungefähr drei Schritte, dann duckte er sich in die Furche nieder und blieb ruhig sitzen.  Als nun der Hase im vollen Lauf unten am Acker ankam, rief ihm dem Swinegel seine Frau entgegen: »Ich bin schon hier!«  Der Hase stutzte und verwunderte sich nicht wenig.  Er meinte nicht anders, als wäre es der Swinegel selbst, der ihm das zurufe, denn bekanntlich sieht dem Swinegel seine Frau geradeso aus wie ihr Mann.

Der Hase aber meinte: »Das geht nicht mit rechten Dingen zu.«  Er rief: »Noch einmal gelaufen, wieder herum!«  Und fort ging es wieder wie ein Sturmwind, so daß ihm die Ohren am Kopfe flogen.  Dem Swinegel seine Frau blieb ruhig auf ihrem Platze.  Als nun der Hase oben ankam, rief ihm der Swinegel entgegen: »Ich bin schon hier!«  Der Hase aber, ganz außer sich vor Ärger, schrie: »Nochmals gelaufen, wieder herum!« — »Mir recht«, antwortete der Swinegel, »Meintwegen so oft, als du Lust hast.«  So lief der Hase dreiundsiebzigmal, und der Swinegel hielt es immer mit ihm aus.  Jedesmal, wenn der Hase unten oder oben ankam, sagte der Swinegel oder seine Frau: »Ich bin schon hier.«

Zum vierundsiebzigstenmal aber kam der Hase nicht mehr zu Ende.  Mitten auf dem Acker stürzte er zur Erde, das Blut floß ihm aus dem Halse, und er blieb tot auf dem Platze.  Der Swinegel aber nahm seinen gewonnenen Golddukaten und die Flasche Branntwein, rief seine Frau aus der Furche ab, und beide gingen vergnügt nach Hause, und wenn sie nicht gestorben sind, leben sie noch.

So begab es sich, daß auf der Buxtehuder Heide der Swinegel den Hasen zu Tode gelaufen hat, und seit jener Zeit hat es sich kein Hase wieder einfallen lassen, mit dem Buxtehuder Swinegel um die Wette zu laufen.

Die Lehre aber aus dieser Geschichte ist erstens, daß sich keiner, und wenn er sich auch noch so vornehm dünkt, soll beikommen lassen, sich über einen geringen Mann lustig zu machen, und wäre es auch nur ein Swinegel.  Und zweitens, daß es geraten ist, wenn einer freit, daß er sich eine Frau aus seinem Stande nimmt, die just so aussieht wie er selbst.  Wer also ein Swinegel ist, der muß darauf sehen, daß seine Frau auch ein Swinegel sei.

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著者:グリム兄弟
入力:703 (2005-06-01)